Quartierskoordination - Eine kurze Geschichte der Stadtentwicklung

Quartierskoordination: Eine kurze Geschichte der Stadtentwicklung

Die Wurzeln der Quartierskoordination reichen bis in die 1960er Jahre zurück, als die Idee aufkam, dass die Bewohner von Stadtvierteln eine aktivere Rolle in der Gestaltung ihrer Umgebung spielen sollten. In den USA entstanden in dieser Zeit erste Initiativen, die darauf abzielten, Gemeinschaften zu stärken und die Lebensqualität in benachteiligten Stadtteilen zu verbessern. Eines der bekanntesten Projekte war die "Community Action" in den Vereinigten Staaten, die Bürger ermutigte, sich für ihre Nachbarschaften zu engagieren und an der Lösung sozialer Probleme mitzuwirken.

Sargent Shriver - Ein Kennedy-Vertrauter

Robert Sargent Shriver (Bild rechts) war ein amerikanischer Politiker der Demokratischen Partei und ein enger Vertrauter J.F. Kennedys. Als Shriver 1964 mit der Leitung der Armutsbekämpfung betraut wurde, machte er sich schon früh das Konzept der „Community Action" zu eigen und war ein Befürworter der Einrichtung lokaler Agenturen, die sich auf die spezifischen und vielfältigen Bedürfnisse der wirtschaftlich Benachteiligten konzentrieren sollten. Ein ähnliches Modell hatte er drei Jahre zuvor mit dem Friedenskorps eingeführt, bei dem Freiwillige in die Kultur eines Landes eintauchen und sich in eine Gemeinschaft einfügen, um deren Mitgliedern so zu dienen, wie es für sie am besten ist. Diese Programme sollten, wie es schon früh hieß, zur größtmöglichen Beteiligung einladen, d. h. zur Beteiligung aller Einzelpersonen und Gruppen in den lokalen Gemeinschaften, die direkte Erfahrungen mit der Armut hatten und für sich und ihre Nachbarn an der Armutsbeseitigung arbeiten wollten. Die Programme waren von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, konzentrierten sich aber im Allgemeinen auf die folgenden Bereiche: Vorbereitung der Menschen auf eine Beschäftigung durch Schulung und Ausbildung, Vermittlung von Finanzwissen und Steuerkenntnissen, Schulung der Menschen, damit sie für sich selbst eintreten können, Unterstützung von Familien mit kleinen Kindern durch Bildung und Kinderbetreuung;
Unterstützung der Menschen, damit sie in erschwinglichen Wohnungen mit funktionierendem Strom und Heizung sicher und warm wohnen können.

Der Durchbruch in Europa

In den 1970er Jahren begann die Idee der Quartierskoordination nach Europa überzuschwappen. Insbesondere in Deutschland und den Niederlanden fand sie großen Anklang. Hier entwickelten sich verschiedene Modelle und Ansätze, die darauf abzielten, Stadtquartiere aufzuwerten und die Beteiligung der Anwohner zu fördern.

In Deutschland wurde „Quartierskoordination" Teil der Stadterneuerungspolitik. Das Programm „Soziale Stadt" von 1999 wurde ins Leben gerufen, um benachteiligte Stadtteile aufzuwerten und die Lebensqualität der Bewohner zu steigern. Quartiersmanager wurden eingesetzt, um als Vermittler zwischen den Anwohnern, den Behörden und anderen Akteuren zu agieren. Sie halfen bei der Umsetzung von Projekten zur Verbesserung der Infrastruktur, der sozialen Dienstleistungen und der Gemeinschaftsaktivitäten.

Quartierskoordination weltweit

Die Idee der Quartierskoordination breitete sich in den folgenden Jahrzehnten weltweit aus. In verschiedenen Ländern wurden ähnliche Programme ins Leben gerufen, um die Beteiligung der Gemeinschaften an der Stadtentwicklung zu fördern. Dabei wurden die Modelle an die jeweiligen Bedürfnisse und Gegebenheiten angepasst.

Moderne Herausforderungen und Chancen

Heute steht die Quartierskoordination vor neuen Herausforderungen. Die städtische Entwicklung hat sich weiterentwickelt, und die sozialen und ökonomischen Probleme in vielen Stadtvierteln sind komplexer geworden. Globalisierung, Gentrifizierung und Umweltfragen sind nur einige der Faktoren, die die Arbeit von Quartierskoordinator:innen beeinflussen.

Trotz dieser Herausforderungen bietet die Quartierskoordination nach wie vor große Chancen. Es fördert die Partizipation der Bewohner:innen, stärkt die Identifizierung mit dem Quartier sowie die sozialen Bindungen untereinander und trägt zur nachhaltigen Stadtentwicklung und dem Werterhalt der Quartiere bei. In einer Zeit, in der die Städte immer stärker wachsen und sich verändern, ist die Quartierskoordination ein Instrument, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Wünsche der Gemeinschaften gehört werden.

Neue Einflüsse und Ansätze bringen die Quartierskoordination auch auf die Ebene der Generierung wirtschaftlicher Mehrwerte. Durch die 2025 kommenden Neuerungen rund um die „European Sustainability reporting Standards" (kurz: ESRS) und die damit verbundenen „Corporate Sustainability Reporting Directive" (kurz: CSRD) birgt die Quartierskoordination zukünftig wirtschaftliche Potenziale, die einen effektiven Nutzen für jene Unternehmen bieten, die zeitgleich soziale Verantwortung für Ihre Kieze und Quartiere tragen.

Fazit

Die Geschichte der Quartierskoordination ist eine Geschichte des Wandels und der Anpassung. Von ihren bescheidenen Anfängen in den 1960er Jahren hat sie sich zu einem wichtigen Instrument der Stadtentwicklung entwickelt, das weltweit Anwendung findet. Während die Herausforderungen in der städtischen Entwicklung weiterhin wachsen, bleibt die Quartierskoordination ein Schlüssel zur Schaffung lebenswerter, nachhaltiger und sozial inklusiver Quartiere und Städte. Es ist eine Idee, die die koordinierte Teilhabe der Gemeinschaften nutzt, um die Lebensqualität im Quartier nachhaltig zu verbessern.